Quick Wins: schnellere digitale Transformation in traditionellen deutschen Banken

Deutsche Banken und Kreditinstitute unter Druck

Die gesamte Landschaft traditioneller deutscher Banken und Kreditinstitute steht unter Druck. Eine Ursache dafür ist die übergreifend schwierige deutsche Wirtschaftslage, auch wenn Banken im letzten Jahr von den hohen Zinsen stark profitieren konnten. Besonders wichtig und auch schon länger relevant ist der wachsende Wettbewerbs- und Innovationsdruck, beispielsweise aus dem Bereich der FinTechs oder von internationalen Banken. Beide gelten als innovationsstärker und schneller in der Bewältigung – bei den FinTechs sogar in der Gestaltung – digitaler Transformation. Die Herausforderungen sind so groß, dass insbesondere Vertreter aus der FinTech-Welt bereits etwas provokant davon ausgehen, dass im Jahr 2030 viele deutsche Banken nicht mehr existieren werden. Wichtige Handlungsfelder der Transformation sind beispielsweise:

  • Produkt- und Service-Innovation
  • User Experience
  • Sales-Ecosystems und Partnerschaften
  • Operationale Effizienz und Kostensenkungen
  • Attraktivität auf dem Personalmarkt

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Caroline Pfefferkorn
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Beschleunigung der Transformation durch Quick Wins

Zum Bewältigen dieser Herausforderungen sind teilweise massive Anstrengungen notwendig. Häufig notwendig ist der Austausch veralteter IT-Kernsysteme, die keine integrierten Prozesse und kein konsistentes Datenmanagement ermöglichen und zu monolithisch für inkrementelle und modulare Erweiterungen sind (wie es beispielsweise moderne Financial-Service-Ecosystems erfordern). Solche Projekte können Jahre dauern, gehen weit über die technische Implementierung hinaus und erfordern acht- bis neunstellige Budgets.

Das Problem dieser umfassenden Ansätze: Sie sind zwar absolut notwendig und versprechen starke Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der ausführenden Bank, aber sie greifen erst in ein paar Jahren. Sie bieten in der Regel keine kurzfristigen Verbesserungen, beispielsweise für überzeugendere Kundenerlebnisse, smartere Operations und Arbeitsweisen oder die Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt – und damit auf die Gewinn- und Verlustrechnung dieses Jahres oder des Folgejahres.

Doch dieses Problem lässt sich angehen und lösen. Gerade weil deutsche Banken in der Vergangenheit so traditionell und innovationszurückhaltend waren, haben sie großes Potenzial für Quick Wins, die schnellen Erfolge ermöglichen – also Erfolge, die in einem Zeitraum von 3 – 12 Monaten wirksam werden. Die Wirkungsfelder von Quick Wins der digitalen Transformation sind äußerst breit und haben häufig strategischen Charakter, zielen also bereits auf substanzielle Optimierungen – viel mehr, als dass der Begriff „Quick Win“ ab und an suggerieren mag. Gleichzeitig haben sie den Vorteil, dass sie durch ihre schnelle Wirksamkeit die digitale Transformation sichtbar machen, insbesondere auch die Erfolge und Potenziale, die die individuelle Transformationsstrategie des jeweiligen Unternehmens vor Augen hat. Quick Wins haben deshalb auch einen positiven Abstrahleffekt auf Transformationsstrategien, deren Implementierung und deren interner Veränderungsgrad besonders lang, intensiv und hier und da auch schmerzhaft ist.

Im Folgenden erläutern wir 5 exemplarische Wirkungsfelder, auf denen Quick Wins zu finden sind:

  1. Transformation Mindset
  2. Cross Silo Kollaboration
  3. Operationale Effizienz, Standardisierung und Skalierbarkeit
  4. Künstliche Intelligenz (AI)
  5. Customer Centricity

Transformation Mindset

Eine der wichtigsten Hürden der digitalen Transformation ist die mentale Bereitschaft des internen Teams, Innovation anzunehmen oder sogar zu gestalten. Aus Angst vor der Unklarheit der persönlichen Auswirkungen der Veränderung, Angst vor den eigenen Anpassungsfähigkeiten und vor dem Scheitern der gemeinsamen Anstrengungen wird die digitale Transformation in Frage gestellt. Ist die Veränderung wirklich notwendig? Hat man dazu überhaupt aufmerksam genug zugehört, sowohl den Kunden als auch den internen Teams? Ist die gewählte strategische Richtung richtig? Berücksichtigt die Umsetzung die gegebenen Fähigkeiten der Organisation ausreichend und ist deshalb überhaupt umsetzbar? Alle Vorstände, Geschäftsführer und Topmanager, die sich in deutschen Banken mit Transformation beschäftigen, kennen diese Fragen. Gerade in deutschen Banken hat sich seit Jahrzehnten operativ nur wenig verändert.

Warum hat die Mindset-Herausforderung Quick Win Potenzial? Weil Mindsets vor allem ein Ergebnis von interner Kommunikation und Partizipation sind. Kommunikation zu ändern ist zwar grundsätzlich nicht einfach, weil sie Ergebnis substanzieller Denkweisen und Haltungen ist – aber das Ändern von Denkweisen ist vor allem ein qualitativer Prozess, der sich schnell durchlaufen lässt, ohne komplexen Implementierungsnachlauf. Das Ändern von Denkweisen ist also nicht sehr zeitintensiv. Ebenso verhält es sich mit Partizipation: Sie ist vor allem eine Frage des Wollens, weniger des langfristigen Implementierens.

Cross-Silo Kollaboration

Eine besondere Schwierigkeit digitaler Transformation ist die Cross Silo Herausforderung: Transformationsstrategien sind in der Regel komplex und erfordern das intensiv miteinander verwobene Zusammenarbeiten verschiedenster Business-, Fach- und IT-Teams. Das bisherige operationale Modell der meisten Unternehmen ist allerdings auf diese Zusammenarbeit, die „Cross Silo Kollaboration“, nicht vorbereitet, beispielsweise auf den Ebenen der Zielsynchronisation, der Budgetabstimmung, der Ressourcenallokation oder des Implementierungsmanagements. Auch hier lässt sich in deutschen Banken ein ganz besonderes Spannungsfeld finden: Die Kollaboration zwischen den Sales Teams auf der einen Seite und allen eher prozessual arbeitenden Teams auf der anderen Seite, beispielsweise Risk Management, Treasury oder Loan Management. Alle prozessual arbeitenden Teams streben zunehmend nach integrierten Prozessen und integriertem Datenmanagement, um ihre Prozesskosten zu senken und die Datenqualität zu steigern. Diese Veränderungen fordern auch, dass sich Sales Teams an diese neuen Prozesse anpassen und sich die Zeit für diese Veränderung und die entsprechenden Lernkurven nehmen. Vertriebsteams, die sich über ständiges Im-Wind-Stehen und die Fähigkeit zur Kommunikation mit Kunden definieren, denken normalerweise allerdings eher weniger über Prozesse nach. Ihre Aufmerksamkeit liegt in der Regel immer auf dem Erreichen von mehr Zeit mit dem Kunden und mehr Vertriebserfolg. Natürlich können bessere Prozesse genau das unterstützen – aber dazu ist ein ausreichend klares Konzept für die „Cross Silo Kollaboration“ erforderlich.

Quick Wins liegen hier bereits schon auf der vermittelnden Ebene, beispielsweise durch Offsites, die die Teams zusammenbringen, den Wert der neuen Lösungen für alle Beteiligten etablieren und gemeinsam prüfen, welche weiteren Verbesserungsschritte denkbar sind.

Operationale Effizienz, Standardisierung und Skalierbarkeit

Natürlich wird operationale Effizienz einer Bank stark davon getrieben, wie integriert die Tools und IT-Systeme sind, die den operativen Betrieb unterstützen und das dafür notwendige Datenmanagement ermöglichen. Trotzdem gibt es gerade auch auf dem Gebiet der operativen Effizienz große Quick-Win-Potenziale, die oft sogar unabhängig von der technischen Optimierung von Systemen sind. Denn umso weniger integriert IT-Systeme sind – und umso mehr Handlungsbedarf es für langfristige technische Neuausrichtungen gibt – umso fragmentierter und breiter ist deshalb oft auch die existierende Tool- und Systemlandschaft und damit auch die Prozesswelt. Das führt üblicherweise zu sehr heterogen etablierten Prozess- und Systemwissen – Futter für den Effizienzkiller „Tribal Knowledge“. Quick-Win-Potenziale können hier im nachträglichen Dokumentieren, Trainieren und gewährleistetem Etablieren des systemischen und prozessualen Status Quo dienen. Auch ohne neue Prozesse und Systeme kann man viel gewinnen, indem man die bestehenden Lösungen einfach konsequent besser und konsistenter nutzt. Zusätzlichen Impact verspricht dieser Ansatz auch, weil ein granular einheitliches Prozessverständnis viel schneller zum präzisen Identifizieren von Pain Points und Optimierungsansätzen dient. Und dort, wo Prozesse standardisiert sind, können sie auch viel besser gemanagt und skaliert werden. Mehr Standardisierung bedeutet auch deutlich schnellere Onboardings neuer Teammitglieder und damit weniger Abhängigkeit vom aktuellen Team oder etablierten Team-Tandems, wie sie beispielsweise besonders zwischen Sales und Risk Management häufig zu finden sind.

Künstliche Intelligenz (AI)

Kein Terrain digitaler Transformation und Disruption ist derzeit so magisch und aufregend wie das Terrain der künstlichen Intelligenz. Doch auch hier gibt es große Quick-Win-Möglichkeiten – eigentlich überall dort, wo keine komplexen AI-Integrationen in gegebene Regelwerke, Logiken und IT-Systeme notwendig sind, sondern wo vorhandene (halb-)standardisierte AI-Lösungen eingesetzt werden können. Diese vorhandenen AI-Lösungen können nicht den ganzheitlichen Wert von tief integrierten Lösungen schaffen, aber sie können trotzdem helfen, Tätigkeiten smarter, automatisierter und kostenreduzierter zu gestalten, und das schnell. Einsatzgebiete können in ganz normalen, aber häufigen Tätigkeiten wie dem Verfassen von E-Mails oder Memos oder dem Entwickeln von Excel-Tabellen sein. AI-getriebene Quick Wins sind aber auch in bankenspezifischen Bereichen denkbar, beispielsweise in Customer-Service-Chatbots, Fraud Detection, Credit Scoring oder in Regulatorik und Compliance.

Customer Centricity

In Zeiten immer schneller werdender Veränderung ist kaum eine Fähigkeit so wichtig wie das Verstehen der eigenen Kunden und Zielgruppen. Digitalisierung, neuer Wettbewerb oder branchenfremde Innovation prägen und verändern auch die Kundenerwartungen im Privatkunden- und Geschäftsbanking. Und um digitale Transformation erfolgreich auszurichten, zählt nicht, was man aus technologischer Sicht tun könnte – sondern nur das, was Kundenerwartungen bedient und für Kunden Wert schafft. Die Zukunft von Customer Centricity wird datenbasiert, personalisiert, automatisiert und AI-getrieben sein. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg. Trotzdem gibt es kurzfristige – und trotzdem signifikante – Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeit für kundenorientiertes Denken und Handeln. Diese können beispielsweise im Zusammentragen und Auswerten alles Wissens zum Kunden sein, das in den bestehenden Sales-, Marketing- und Service-Teams der Bank liegt: Worüber beschweren sich Kunden am meisten? Wo können Erwartungen von Kunden nicht wie gewünscht bedient werden? Welche Fragen oder Ideen werden von Kunden geäußert? Wichtig ist, diese Erkenntnisse unternehmensübergreifend zu aggregieren und zu analysieren. In vielen Organisationen findet diese Tätigkeit weiterhin parallel in mehreren Abteilungen gleichzeitig statt, so dass beispielsweise das Sales-Team einen anderen Blick auf die Anforderungen hat als das Team, das Websites und Apps betreut. Viele Ergebnisse dieser Analyse werden sich kurzfristig umsetzen lassen, in einem Zeitraum von 12 Monaten. Alle anderen bereichern die Anforderungskataloge der langfristigen Transformationsinitiativen.

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